Akute Extremitätenischämie nach Stentimplantation

Der 76-jährige Rentner B. S. stellt sich in der Notaufnahme vor. Gestern habe sein Kardiologe einen Stent in die rechte Oberschenkelarterie (A. femoralis superficialis) implantiert. Einige Monate zuvor sei auch die linke Seite mit einem Stent behandelt worden. Während er mit der ersten Behandlung der linken Seite bis gestern sehr zufrieden gewesen sei (seitdem keine relevante intermittierende Claudicatio mehr), ist er jetzt unsicher. Seit der Punktion am Vortag bestehe auf der linken Seite ein Kribbeln mit Taubheit des Unterschenkels.

Körperliche Untersuchung

Bei der problemorientierten körperlichen Untersuchung zeigt sich das linke Bein im Seitenvergleich kühler und insbesondere am Unterschenkel blau-livide verfärbt. Die Muskelkraft und die Sensibilität ist eingeschränkt. Die Punktion erfolgte retrograd (auch: Cross-Over Manöver) mit einer Punktion der A. femoralis communis links in die rechte Beinstrombahn. Die Punktionsstelle erscheint trocken und reizlos. Ein Leistenpuls oder periphere Pulse lassen sich links nicht palpieren. Rechts sind alle Pulse palpabel. Die Rekapillarisierung des linken Unterschenkels und Fußes ist deutlich verzögert.

Farbkodierte Ultraschalluntersuchung

In der farbkodierten Ultraschalluntersuchung (FKDS) zeigt sich ein echoreiches bis inhomogenes Strömungshindernis in der A. femoralis communis links etwa 1-2 cm proximal des Profundaabganges. Die periphere Perfusion ist deutlich eingeschränkt (entschleunigte monophasische Flussprofile).

fkds_verschluss

Abbildung: Okkludierender echoreicher Verschluss der A. femoralis communis links.

Abbildung: Postokklusives entschleunigtes monophasisches Flussprofil der distalen Unterschenkelarterie (hier: A. tibialis anterior).

Abbildung: Postokklusives entschleunigtes monophasisches Flussprofil der distalen Unterschenkelarterie (hier: A. tibialis anterior).

Therapie

Aufgrund der grenzwertigen inkompletten kritischen Extremitätenischämie erfolgt eine sofortige therapeutische Antikoagulation durch einen Heparinbolus und die kontinuierliche Gabe von unfraktioniertem Heparin über einen Perfusor. Das Bein wird tief gelagert und durch einen Watteverband gewärmt und vor Hautläsionen geschützt. Nach der Aufklärung erfolgt eine offen-chirurgische Revision im OP.

Nach Freilegung der Femoralisgabel links erfolgt eine Längsinzision. Es zeigt sich im eröffneten Gefäßlumen ein sog. Verschlusssystem, welches bei perkutanen Interventionen verwendet wird, um das Gefäß zu verschließen. In diesem Fall wurde Angioseal verwendet (siehe Abbildung).

Aufgrund der deutlichen stenosierenden atherosklerotischen Verkalkungen im Bereich der Femoralisgabel erfolgt eine Thrombendarteriektomie, bei der auch ein kurzes Stück des AFS-Stents exzidiert wird. Der Einstrom über die A. femoralis communis ist anschließend sehr gut. Anschließend erfolgt eine Patchplastik in der üblichen Vierpunkt-Technik.

Abbildung: AngioSeal Verschlusssystem mit Faden (Oben im Bild), Thrombusmaterial, proximales Stent-Ende des AFS-Stents, atherosklerotische Plaques der Femoralisgabel (unten im Bild)

Abbildung: AngioSeal Verschlusssystem mit Faden (Oben im Bild), Thrombusmaterial, proximales Stent-Ende des AFS-Stents, atherosklerotische Plaques der Femoralisgabel (unten im Bild)

Ergebnis

Postoperativ zeigt sich keine Komplikationen. Die einliegende Redondrainage kann nach 1 Tag entfernt werden. Die Klinik ist erfreulicherweise komplett rückläufig und der Patient kann am 5. postoperativen Tag bei reizlosen Wundverhältnissen entlassen werden. Die Fäden wurden am 16. postoperativen Tag entfernt.