Nahtaneurysma nach Implantation einer Y-Prothese

Der 75-jährige Rentner A. K. kommt in die Hochschulambulanz der Gefäßmedizin. Vor vielen Monaten sei der Hausärztin eine Raumforderung der Leiste links aufgefallen. In der orientierenden Ultraschalluntersuchung fiel ihr eine deutliche Erweiterung der A. femoralis communis auf dieser Seite auf.

Der Patient berichtet von einer langjährigen Krankengeschichte mit verschiedenen atherosklerotisch bedingten Erkrankungen und von der offen-chirurgischen Implantation einer aorto-bi-femoralen „Y-Prothese“ vor vielen Jahren. Auf Rückfragen erklärt der yprothese-01Patient, die Y-Prothese sei aufgrund einer schweren peripheren arteriellen Verschlusskrankheit (pAVK) mit Gluteal- und Oberschenkelclaudicatio nach wenigen Metern implantiert worden. Die Beschwerden seien anschließend für mehrere Jahre deutlich gebessert gewesen. Ein konsequentes Gehtraining habe der Patient nicht durchgeführt, eine Nikotinkarenz habe er trotz mehrerer Versuche auch nicht erreicht. Seit der Operation nehme der Patient ASS 100 mg und Simvastatin 40 mg täglich ein. Aufgrund eines Magenulcus in der Vorgeschichte habe die Hausärztin zusätzlich einen Protonenpumpenhemmer (PPI) verordnet. Seit etwa 1/2 Jahr beklagt der Patient eine langsam zunehmende Wadenclaudicatio links nach etwa 300 m, rechts würden die Beschwerden erst nach etwa 500 m beginnen. Nach dem Stehenbleiben würden die Schmerzen schnell sistieren. Ruheschmerzen oder Wundheilungsstörungen verneint der Patient.

Körperliche Untersuchung

Der Patient legt sich vollständig entkleidet auf die Untersuchungsliege. Am liegenden Patienten werden die peripheren Pulse der A. femoralis communis beidseits kräftig getastet. Links kann die vergrößerte Pulsationszone i.S. der vorbeschriebenen Raumforderung nachvollzogen werden. Druckdolenzen zeigen sich nicht. Die Poplitealpulse sind beidseits nicht sicher zu tasten, die peripheren Fußpulse sind ebenfalls nicht sicher zu tasten. Die distale Rekapillarisierungszeit ist beidseits unauffällig. Der Patient hat keine Zeichen der chronischen venösen Insuffizienz, keine Ödeme, keine Ulcera oder Nekrosen. Auffallend ist eine deutliche Nagelmykose beidseits. Die Sensomotorik ist seitengleich erhalten.

Farbkodierte Duplexsonographie

In der Ultraschalluntersuchung zeigen sich ausgeprägte atherosklerotische Veränderungen, insbesondere der femoro-poplitealen Strombahn. Die Flussprofile der distalen Unterschenkelgefäße sind dementsprechend monophasisch und entschleunigt. Im Bereich der A. femoralis communis links zeigt sich ein großes wandthrombosiertes Nahtaneurysma im Bereich der End-zu-Seit-Anastomose der vorbeschriebenen Y-Prothese.

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Abbildung: B-Bild-Sonographie eines großen Nahtaneurysmas der A. femoralis communis

CT-Angiographie

In der CT-Angiographie bestätigt sich der Verdacht. Die AFS und die APF sind weiterhin perfundiert.

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Abbildung: CT-Angiographie eines Nahtaneurysmas der A. femoralis communis links

Offen-chirurgische Aneurysmatherapie

Aufgrund der Größe und der Gefahr thrombembolischer Komplikationen wird nach kardiovaskulärer Risikostratifizierung des Patienten die Indikation zur offen-chirurgischen Aneurysmaausschaltung gestellt. Der Eingriff soll im Sinne eines Interponats durchgeführt werden.

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Abbildung: Intraoperativer Situs nach Freilegung der Femoralisgabel. Rechts im Bild: A. femoralis communis angeschlungen, Links im Bild: A. femoralis superficialis und A. profunda femoris angeschlungen. Mittig im Bild: Großes Nahtaneurysma

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Abbildung: Alter Thrombus nach Längsinzision des ausgeklemmten Nahtaneurysmas

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Abbildung: Interponat (Dacron) von der alten Y-Prothese auf die A. profunda femoris. Verjüngung („Tapering“) der Prothese auf den passenden Diameter.

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Abbildung: End-Zu-Seit Anastomose vom protheto-profundalen Interponat auf die A. femoralis superficialis (End-zu-End)

Nach Einlage einer Redon-Drainage erfolgte ein schichtweiser Wundverschluss.

Ergebnis

Die Durchblutung der Beine wurde mittels Dopplerverschlussdruckmessung validiert. Der Patient wurde am 1. postoperativen Tag mobilisiert, die Redondrainage am 2. postoperativen Tag entfernt. Die Krankenhausentlassung erfolgte am 5. postoperativen Tag.