AKUTE EXTREMITÄTENISCHÄMIE

Die akute Extremitätenischämie ist in der Regel eine klinische Diagnose. Für die Diagnosestellung erfolgt eine Begutachtung der betroffenen Extremität nach den „6 P´s„, die 1954 von G. H. Pratt beschrieben wurden:

  • Pain (Schmerz)
  • Pulselessness (Pulsverlust)
  • Pallor (Blässe)
  • Paresthesia (Sensibilitätsstörung)
  • Paralysis (Bewegungsunfähigkeit)
  • Prostration (Schock)
marmorbein

Abbildung: „Marmorbein“ bei akutem Gefäßverschluss.

Je nach Lokalisation, Ausmaß und Entstehungszeitraum (Kollateralisation) des peripheren Gefäßverschlusses wird eine komplette (aufgehobene Sensomotorik) von einer inkompletten Ischämie abgegrenzt.

Ursachen

70% der akuten Ischämien entstehen auf dem Boden einer Embolisation (z.B. kardial, Aortenbogen, Thrombophilie). Etwa 30% der akuten Ischämien stellen eine Folge lokaler arterieller Thrombosierungen dar (Claudicatio intermittens in der Vorgeschichte?).

Ventrikelthrombus vor ALI_1

Abbildung: Darstellung eines Ventrikelthrombus als mögliche Ursache einer akuten Extremitätenischämie in der CT-Angiographie

ventrikelthrombusfkds

Abbildung: Darstellung des Ventrikelthrombus in der Echokardiographie.

Bei unklarer Genese sollte stets eine Quellendiagnostik durchgeführt werden:

  • Langzeit-EKG zum Ausschluss eines Vorhofflimmerns
  • Echokardiographie zum Ausschluss kardialer Emboliequellen
  • CT-Angiographie der Aorta zum Ausschluss z.B. einer thrombogenen Aorta
  • Thrombophiliescreening zum Ausschluss einer Gerinnungsstörung
  • Ultraschall der Beingefäße zum Ausschluss von thrombosierten Aneurysmen
patient 3 - (13)

Abbildung: Akuter Gefäßverschluss mit nicht mehr vitaler unterer Extremität. Es besteht eine akute vitale Bedrohung.

IMG-20150502-WA0002

Abbildung: Akute Ischämie der rechten Hand durch Fehlpunktion und Dissektion der A. brachialis. Livide Verfärbungen der Handflächen, aufgehobene Motorik und Sensibilität.

Diagnostik

Neben der klinischen Evaluation sollte stets der Pulsstatus und eine Dopplerverschlussdruckmessung (auch bei der oberen Extremität: A. radialis, A. ulnaris) erhoben werden. Die farbkodierte Duplexsonographie lässt als primäres diagnostisches Verfahren eine Aussage über Lokalisation und Ausmaß des Gefäßverschlusses zu. Möglicherweise ist eine CT-Angiographie oder eine MR-Angiographie nützlich.

Die invasive Angiographie stellt den Goldstandard der Diagnostik dar und bietet zudem eine Möglichkeit der Therapie (z.B. lokale Lyse mit Urokinase oder rtPA, Angioplastie). Die Lysierbarkeit von thrombembolischem Material hängt von verschiedenen Faktoren ab und kann Stunden bis Tage betragen.

Von besonderer Bedeutung sind auch die Laborparameter:

  • Gerinnung
  • Kreatinin (Nierenfunktion)
  • Myoglobin, Kreatinkinase (Ischämiebedingter Gewebsuntergang)

Invasive Therapie

Primär sollte eine frühe Revaskularisation (Ischämietoleranz max. ca. 6h) angestrebt werden. Zu den Allgemeinmaßnahmen gehören die therapeutische Antikoagulation (Heparinperfusor nach PTT), eine Tieflagerung der Extremität (Optimierung der hydrostatischen Druckverhältnisse), Wattepolsterung der Extremität, angepasste Analgesie.

  • Endovaskulär: Aspirationsthrombektomie, Lokale Lyse (Prüfungsfallstrick: In der Regel keine i.v.-Lyse)
  • Thrombembolektomie (Fogarty-Manöver)
  • Notfallbypassanlage (z.B. axillo-femoraler oder femoro-femoraler Crossoverbypass)
Fogarty-01

Abbildung: Vereinfachte schematische Darstellung der Thrombembolektomie nach Fogarty (hier: nur antegrade Embolektomie über quere Arteriotomie)

Konservative Verfahren

(Rheologika, Sympathikolyse, Spinal-Cord-Stimulator)